Lobenberg: Lange Zeit war der Garrus seit seiner Einführung 2006 der mit Abstand teuerste Rosé der Provence – und einer der hochpreisigsten der Welt. Kultig und legendär oder etwas too much und preislich überzogen?! Am Garrus scheiden sich die Geister. Fraglos ist es einer der beeindruckendsten und wuchtigsten Rosés überhaupt. Ein Unikat, wie die meisten ikonischen Weine, die sich in der preislichen Spitze ihrer Kategorie tummeln. Der Wein stammt von einem über 100 Jahre alten Grenache-Weinberg mit Beigabe von etwas Rolle, also Vermentino. Weiße und rote Trauben müssen in der Provence zusammen gepresst werden. Handlese und penible Auslese der Trauben per optischer Sortiermaschine und per Hand. Inhaber und Winemaker Sacha Lichine kommt ursprünglich aus Bordeaux (Château Prieuré-Lichine in Margaux), entsprechend ist hier technisch alles Highend. Der Wein wird zu 100 Prozent im Holz ausgebaut, dicht und schmelzig. Netzmelone, duftige Litschischalen, satter Holzdruck, der den Wein ordentlich anschiebt. Die Intensität ist schon ziemlich gewaltig hier. Der Wein braucht immer ein paar Jahre, um das Holz etwas zu verdauern und seine Eleganz mehr durchscheinen zu lassen. Zwar wird der Wein stets in 100 Prozent neuem Holz ausgebaut, 600 Liter Rousseau und Stockinger, aber an sich ist hier der zarteste und eleganteste Most der Domaine. Nur 100 Prozent Freerunjuice, ganz zarter Saft mit sehr niedrigen pH-Werten, der höchsten Säurebrillanz, ganz feine Struktur. Der Wein nimmt das Holz schon gut mit, obwohl das darunterliegend eben die eleganteste Selektion des Hauses ist. Er hat am Ende aber schon viel Kraft und eine feine Säurefrische, die 2022 aber wieder etwas geschmeidiger und runder ist als in 2021. Der Jahrgang 2022 war klassisch provencalisch, also heiß und trocken über den Sommer. Die Lese startete Ende August schon sehr früh und findet nur in den frühen Morgenstunden statt. Ein strukturiertes und zugleich charmantes Jahr in der Provence, mit genug Power ein Langstreckenläufer zu werden. Sehr schick und geschliffen im Mund, mit milder Limette, pink Grapefruit, Litschi und grünem und rosigem Pfirsich, Zitronengras und ein zarter Hauch Garrigues und Meersalz darunter. Vordergründig ist der Garrus immer satt vom Holz geküsst, erinnert etwas an weißen Bordeaux in dieser Mischung aus exotisch-opulenter Fruchtintensität mit noblem Holzschub als Unterbau. Aus der Provence hat man sowas jedenfalls selten bis nie im Glas. Strukturell ein hochintensiver, opulenter und hedonistischer Rosé mit irre viel Struktur und luxuriöser Cremigkeit. Hält jedem Menü stand und hinterlässt beim Genießer ordentlich Eindruck. Ob man Rosé mit Neuholz oder lieber fruchtig-leicht mag, ist Geschmackssache. Ein großer Rosé ist der Garrus allemal.