Lobenberg: Chara ist Griechisch und heißt »die Freude«. Eine Hommage an die evangelische Kirche, die den Laibles in den schweren Gründungsjahren das Überleben sicherte. Der Wein wächst auf Kalkmergel, das ist Verwitterungsgestein mit Kalksteineinsprengseln, Kies, Sand und Granit. Extrem schwachwüchsige Unterlagsreben mit einem bei Spitzenwinzern hoch angesagten Rieslingklon, minimaler Ertrag. Ein Wein durchaus mit Anspruch und Dichte. Aber gar nichts Wuchtiges oder Fettes. Alexanders Weine stehen in der Ortenau, großteils in Sinsheim. Das sind kühle Standorte, man darf nicht an fettes oder heißes Baden denken, nein, das sind andere Standorte, die Alexander hier hat. Es sind kühlere, windige Hochlagen. Alexander sagt, dass diese Weinberge noch sicher 20 Jahre dem Klimawandel standhalten und weiterhin kühle, saftige und feine Rieslinge bringen wird. Die Mostgewichte bleiben hier immer recht stabil, liegen leicht über 90 Oechsle selbst in heißen Jahren. Der Chara war der erste Wein bei Alex Laible der tendenziell Richtung Größe marschiert, erhaben, geschliffen und elegant. Die Nase ist nicht nur traubig, wie bei den Einsteigern, sondern auch schon mit viel Schub von gelber Birne und saftigem Apfel, ein bisschen Muschelkalk in der Nase. Auch etwas Zitronengras, ein bisschen Salz. Im Mund dann ein Angriff auf alle Geschmacksnerven, der Wein hat unglaublich viel Schub, noch mehr als erwartet, hier kommt so viel Druck und Frische, extrem verspielt und dabei gleichzeitig spannungsgeladen und salzig. Das ist der Riesling mit deutlich mehr Knackigkeit, mit richtig mineralischem Dampf drin, hier kommt auch etwas Limette hinzu, Minze, tonisch, kühl, frisch, man spürt den rasanten Zug aus den kühleren Hochlagen. Schlanke hellgelbe Frucht, Pfirsich, grüne Birne, wilder Fenchel, wieder minzige Noten, die das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Die Saftigkeit war selten so ausgeprägt, kommt fast mit der schlotzigen Art von Deidesheim in den Mund, bis die Mineralität wieder das Ruder übernimmt, kein braver Schmusewein, hier geht schon die Post ab. Das ist schon nicht mehr so ein einfacher Zechwein, wie der SL und der Kalkmergel, hier muss man sich schon ein wenig auseinandersetzen. Das ist mit seiner Dichte und Kraft ein Essensbegleiter, der aber dennoch unglaublich viel Spaß macht, was ja die Weine von Alex Laible alle auszeichnet, denn sie sind unglaublich saftig und süffig.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!