Die Verkostungstour – Barolo 2013

Vom 25. bis 28. Oktober 2016 war ich, wie jedes Jahr, unterwegs im Piemont um meine Winzer zu besuchen und den anstehenden Barolo-Jahrgang zu verkosten. Italiens schönste Weinregion, nicht erst seit diesem Jahr. Und besonders im Spätsommer. Hier wo die Winzer Philosophen sind, spielen gutes Essen und natürlich gute Weine die Hauptrolle – und natürlich der Barolo. Diese Freude möchte ich teilen, indem ich hier für Sie über meine Eindrücke schreibe:

2013 war geprägt von einem idealen, aber deutlich kühleren Witterungsverlauf. Genug Feuchtigkeit, aber nie zu viel Regen, späte Lese bis zur letzten Oktoberwoche – bei Grasso sogar bis Ende der ersten Novemberwoche. Nur Roberto Voerzio war mit seinen 300 Gramm Ertrag pro Stock Ende September fertig, aber bei dieser extremen Stammnähe der winzigen fünf Trauben ist die Reife so viel früher. Roberto ist mit diesem extremen System alleine auf der Welt. Kühlere Tage und Nächte im Sommer und Herbst 2013, aber sonst ein archetypischer Verlauf – wegen der Kühle fast besser als 2010. Volle Reife und doch sehr fein und elegant, sehr ausdrucksstarke Weine mit extrem viel Komplexität und Charakter. Fein wie der geniale 2012 und dazu noch etwas kühler und extrem burgundisch. 2012 und 2013 sind noch feiner und burgundischer als 2008, dabei mit einem genialen Trinkfluss wie 2005 und einer sensationellen, kühlen Komplexität. Für mich zusammen mit 2010 die schönsten Jahrgänge meiner Barolo-Erfahrung hintereinander. Nicht so fett wie 2007, nicht so rund wie 2005, 2009 und 2011, nicht so tanninreich wie 2004 und 2006 und dazu ausdrucksstärker und komplexer als 2008. Wie 2010 mit etwas mehr Säure und Finesse! Da mit 2014 vielleicht ein etwas zu dünner, und mit 2015 und 2016 zwei ziemlich massive Jahre folgen, sind 2012 und 2013 in ihrer kühlen Eleganz und extremen, vielschichtigen Komplexität und burgundischen Ausdruckskraft ein ideales Abbild des Besten was Barolo sein kann. 2012 ist mein charmanter, feiner, sexy Lieblingsjahrgang, aber für Liebhaber klassischer Barolo muss 2013 nur mit 2010 um die Krone streiten. Wer hätte diese Klasse erwartet? Im Kontext der genialen 13er Rotweine der Toscana, Deutschlands und der Schweiz wird es aber einsichtig.

Elio Altare

2013 ist der erste Jahrgang, den die neue Besitzerin, Tochter Silvia Altare (Papa Elio ist jetzt beratender Rentner), verantwortet. Der Basis-Barolo ist besser noch als der Weltklasse 2012er, noch mehr Struktur, und wegen der Anteile aus Serralunga und Castiglione fast etwas maskulin. Großer Stoff mit 93–94 Punkten! Cannubi und der handgerappte Arborina Uno per Uno zeigen intensive Säure und fast scharfes Tannin, extrem klassisch und langlebig, dabei sind sie mit die elegantesten, feinsten Barolo die ich je probiert habe. Ich bin hin und weg. Irgendwo bei 98 Punkten. Elio Altare ist ziemlich weit vorne, aber nicht die Spitze der Erzeuger. Was kommt da noch?

Roberto Voerzio

2013 Brunate zeigte sich ungeheuer gerbstoffreich – ein Monster für die Ewigkeit. Irgendwann 100 Punkte, irgendwann der Primus, jetzt ein Totschläger für Jahrzehnte. Dafür war der säurebeladene La Serra die Eleganz schlechthin und Cerequio unglaublich erotisch und charmant. Zweimal die Bestnote. Nicht schicker als 2012, aber sooo klassisch und dazu sehr langlebig. 2013 in einem Atemzug mit 2010.

Bartolo Mascarello

2013 wie 2010. Ultrafein und klassisch. Nicht der Charme der Finesse aus 2012, eher Schärfe und Säure für Geduldige. Nicht für meinen Privatkeller, mir zu maskulin, ich mags zwar fein und gradlinig, aber erotisch und burgundisch feminin darfs auch sein. Aber 2013 ist dennoch echt groß.

Aldo Conterno

Im erotisch charmanten und dennoch extrem finessereichen Traumjahr 2012 waren die Blockbuster Romirasco und Cicala vorn. 2013 siegt Colonello mit glatt 100. Er ist mit seinem Charme das Gegenstück zu Voerzios Cerequio. Romirasco hat eine ungeheure Größe. Der Winzer findet ihn den besten Romirasco seit Anbeginn. Nur 4.500 Flaschen aus 3,7 Hektar, je Rebe unter 500 Gramm Ertrag, das ist mit Voerzio die Spitze der Qualität. Und Giacomo wird mit der Qualität Recht behalten. Glatte 100 – aber mindestens 10 Jahre warten. Cicala liegt nur knapp dahinter und braucht mit seinen massiven Tanninmassen noch länger. Genial der dieses Mal völlig andersartige 2014er Chardonnay Bussiador. Aus potenziell 20.000 Flaschen auf 5.000 reduziert und ultraspät im Oktober gelesen. Winzige Erträge, brutal aussortiert. Exotische Honig-Aprikosen-Maracuja-Nase, fast wie Kongsgaard aus Napa, dazu aber die extrem gradlinige Chassagne-Montrachet-Struktur im Mund, super geradeaus, die Kombi ist schräg, aber irgendwie spannend und genial!

Luciano Sandrone

Cannubi 2013 zum Steinerweichen gut, klassischer als 2012, aber mindestens ebenso gut. Le Vigne 2–3 Punkte dahinter, weniger sexy, wenniger massiv, aber Super-Klassik.

Elio Grasso

Chiniera glatt 100, wow, besser als 2012 und 2010? Sooo sexy, erotisch und doch ultraklassisch, eine Intensität in der Aromatik, wie fast kein anderer Barolo. Ginestra Case Matte ist dichter und wuchtiger, fast gleichwertig, nur anders. Besser für Krafttrinker, ich Burgunderliebhaber fliege eher auf Chiniera.

Vietti

2012 nachverkostet: genial. 2013 aber war wie 2010 mit mehr Säure und Frische. Der Einstieg Castiglione war besser denn je, mit 94+, massiv und dicht. Barbaresco Masseria aus Neive fein, wie die besten Giacosa-Barbaresco, beeindruckend gut und groß und anders. Barolo Brunate mit 98, aber wie schon Voerzios Brunate mit massiven Tanninmassen – da braucht man Geduld. Die wuchtigen Lazzarito (Nachbarlage des Sperss) und Rocche (Castigliones Powerlage) waren dicht und überwältigend. Ganz große Weine für die Ewigkeit. Wuchtbrummen, Blockbuster. Der Ravera aus Novello wird dagegen völlig ohne Abzug über 30 Monate im 44 Hektoliter großen Fass ausgebaut. Die Struktur einer Riserva von Giacosa. So fein, so dicht, so komplex. Ganz großes 100 Punke Kino.

Luigi Pira

Das ist der beste Winzer des gesamten Piemonts bzgl. Preis-Qualität. Superber Dolcetto voll Kirschfrucht. Dichter aromatischer Barbera. Floral hocharomatischer Nebbiolo. Und für das Geld gibt es keinerlei Konkurrenz im Barolo. 93–94 Punkte für die Basis aus Serralunga. Nachbarlagen von Gajas Sperss und Viettis Lazzarito zum Schnäppchenpreis. Alle großen Nachbarn sprechen mit größter Hochachtung von Luigi Pira. Der klassisch maskuline 2013, wie zuvor der etwas feinere, charmantere 2012 sind Meilensteine für Piemonts Preiswürdigkeit.

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