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Im Portrait

Pranzegg

Weinlese im Weinberg von Pranzegg, Weinberge im Hintergrund

Südtirol, dieses traditionelle, ruhmreiche Weinanbaugebiet, das neben einigen herausragenden Spitzenbetrieben, wie Lageder, auch mit die besten Winzer-Genossenschaften der Welt beheimatet, wie etwa die Cantina Terlan. Doch von den bekannten Stars und einigen grandiosen Ausnahmewinzern, wie Manni Nössing oder dem Nusserhof mal abgesehen, passiert in Südtirol weintechnisch nicht so viel Spannendes in den letzten Jahren. Es gibt sehr viele konventionell arbeitende, klassische Betriebe, die auch etwas eingeschlafen sind. Umso spannender, wenn man dann so eine Entdeckung wie das Mini-Boutique-Weingut Pranzegg von Winzer Martin Gojer macht. Diese Weine sind total anders, wilder, aufregender, naturbelassener als das allermeiste, was sonst in der Region so gekeltert wird. Es sind Naturweine im klassische Sinne, aus strikt biologisch-dynamischem Anbau im Bozener Talkessel. Die Böden bestehen überwiegend aus lehmigem Sand vulkanischen Ursprungs, Ablagerungen von Porphyr, Basalt und Granit. Hier ist alles Handarbeit. Vom Austrieb im Frühjahr bis zur Lese werden in den Steillagen, in denen noch häufig die traditionelle Südtiroler Pergola-Erziehung zum Einsatz kommt, nahezu keine Maschinen eingesetzt. Martin Gojer arbeitet im Keller nur mit minimalsten Eingriffen. »Spontanvergärung, lange Verweildauer auf der Hefe, keine Schönungen und Filtrationen, minimale Mengen an Schwefel und sehr viel Geduld und Gespür sind die Etappen von der Traube zum Wein.« sagt er.

Weinkeller, Weinfass Pranzegg

Martin Gojer sieht sich in erster Linie als Weinbauer, der seine Region und seine naturverbundene Lebensweise zum Ausdruck bringen möchte. Mit dem »Tonsur« und mehr noch »Caroline« hat er zwei sehr unterschiedliche, aber gleichfalls charaktervolle Weißweine im Programm, die beide etwas Schalenkontakt bekommen und einen ganz neuen, großartigen Blickwinkel auf die Region Bozen eröffnen. Selbst der häufig etwas belächelten Sorte Vernatsch (in Deutschland Trollinger) entlockt er mit seinem Campill einen eigenständigen, saftigen, würzig-feinen Wein mit grandioser Struktur und Tiefe bei gleichzeitig beschwingter Leichtigkeit. Er geht weit über das hinaus, was man dieser Sorte im Allgemeinen zutrauen mag. Ähnlich zu Lageders rarer Kometen-Serie hat auch Pranzegg eine ebenso rare Sonderabfüllung, die Fuori-Serie. Jedes Jahr kann sich dahinter ein anderer Wein verbergen, aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind stets herausragend und außergewöhnlich und werden von Martin Gojer nach ihrer Einzigartigkeit und Charakterstärke ausgewählt. Pranzegg ist vielleicht der wildeste, freigeistigste Betrieb Südtirols, alleine die Mengen sind mikroskopisch klein und um jede Zuteilung muss man feilschen. Bei gerade einmal vier Hektar Betriebsgröße und vielen alten Reben gibt es leider jedes Jahr zu wenig Wein für die Welt. Glücklich ist, wer ein paar Flaschen ergattern kann – es sind tolle Unikate.

Aktuelles

Neueste Jahrgangsberichte

Der Jahrgang 2023 brachte aus den Weinbergen von Pranzegg in den Lagen oberhalb der Stadt Bozen weniger gehaltvolle Weine hervor als der heiße, trockene und konzentrierte Jahrgang 2022. Die Weine sind 2023 mehr auf der saftigen »Fruchtseite« im Gegensatz zu den 2022ern, die sich sehr steinig und mineralisch im Glas präsentieren.
 
Insgesamt waren die Bedingungen in Italien 2023 überraschend unterschiedlich. Südlich von Verona war es sehr trocken und auch im Piemont ersehnten sich die Winzer Regen, während es in der Alpennähe des Nordens deutlich mehr Niederschlag gab. Pranzegg Winzer Martin Gojer berichtet, dass es in Bozen im August und September wirklich außerordentlich schön war und diese beiden warmen Monate den Jahrgang gerettet hätten. Insgesamt war 2023 In Südtirol nämlich eher ein kühler einzuordnender Jahrgang.

2024 brachte dann ganz andere Herausforderungen mit sich – es war aufgrund der großen Regenmenge eines der anstrengendsten Jahre, die Martin und seine Frau Marion bisher in den Weinbergen erlebt haben. Martin merkt an, dass er sicherlich seine komplette Ernte verloren hätte, wäre 2015 ebenso schwierig gewesen! Mittlerweile kann er von deutlich mehr Erfahrung durch die verschiedensten Wetterkapriolen profitieren. 

Diese gesammelte Erfahrung trug letztendlich dazu bei, dass Martin und Marion 2024 eine gute Ernte einbringen konnten. Allerdings gab es aufgrund der erschwerten Bedingungen auch Opfer, beispielsweise gibt es keinen Elysion, denn die Weinberge verrieselten während der Blüte durch den vielen Regen fast komplett. 2023 füllte Pranzegg 1.800 Flaschen des eleganten Weißweins ab, während es 2024 lediglich 150 Flaschen waren, die dann im Glas Ballon ausgebaut wurden weil kein komplettes Holzfass zustande kam. Aber es gibt 2024 auch Positives zu berichten, wie beispielsweise vom neuen »Rosso per Tutti«, den das junge Winzerpaar  erstmals auf die Flasche brachten. 

Bei Pranzegg wird generell immer recht »knackig« gelesen, die Trauben haben tendenziell eine gewisse »Grünheit«. Nach der Malo, welche di erfrischende Apfelsäure in die mildere Milchsäure umwandelt, leben die Weine oft von einer kräutrigen Salzigkeit.
 
Für Martin hat sich seine philosophische Wein-Reise verändert. Zu Beginn, 2009, war sein Ziel »je weiter und höher desto besser« – er scheute keine Herausforderung und keine Grenze. Ab 2015 änderte sich das in »less is more«. Der Erntezeitpunkt wird seither sorgfältiger gewählt und nicht mehr – was das Risiko angeht – bis »auf die Spitze« getrieben und ausgereizt. Denn wenn man an den Zenit der Reife geht, kann das Verhältnis der Balance im Wein nämlich auch ganz leicht kippen. Inzwischen legt Martin eher auf eine spannende Entwicklung im Glas Wert. Definitiv alle seine Weine nehmen einen mit auf die spannende Genuss-Reise! Auch in der Bewirtschaftung gehen Martin und Marion neue Wege. Mittlerweile sind acht kleine Mini-Schafe fürs Mähen des Grases zwischen den Reben zuständig. Marion ruft liebevoll »Schafi, Schafi, Schafi« und schon kommen die kleinen für ein paar Streicheleinheiten angetrabt. Insgesamt macht das Weingut Pranzegg etwas über 30.000 Flaschen.