Von Elias Schlichting

Kühn und Tement – Zwei Legenden, elf Jahrgänge

Kühn und Tement Weine

Am Samstagmorgen des 9. November 2019 waren Heiner und ich noch zusammen mit Francois de Nicolay in seinem bildschönen, uralten Anwesen in Savigny les Beaune und haben einige grandiose 2018er aus dem Fass probiert. Von dort ging es für mich direkt zurück in die Rheingauer Heimat. Denn ein episches Event stand an, das ich keinesfalls verpassen wollte. Jedes Jahr am Vorabend zur großen Riesling Gala auf Kloster Eberbach lädt die Familie Kühn eine Handvoll Freunde ein, um in sehr familiärer Atmosphäre ein wunderbares, liebevoll hausgemachtes Abendessen zu servieren. Ganz nebenbei gibt es dazu eine Zehn-Jahres-Vertikale von 2006 bis 2016 des PJK.Unikats Schlehdorn. Wow! Ja, es war genauso beeindruckend wie es klingt. Als wäre das an sich nicht schon genug, war zusätzlich Familie Kühns Riesling Gala-Gastwinzer Armin Tement aus der Südsteiermark zu Gast und hatte eine Zehn-Jahres-Vertikale seines TopSauvignon Blancs aus der Riede Zieregg im Gepäck. Alle Voraussetzungen für einen großen – eigentlich riesigen – Abend waren also gegeben.

Speisekarte

Ein kurzes Vorwort zu den Lagen: Kühns Schlehdorn entstammt dem Filetstück der Großen Lage Mittelheimer Sankt Nikolaus. Zwischen Oestrich und Winkel gelegen neigt sich der Weinberg in Südexposition sanft dem Rhein entgegen. Die mehr als 60 Jahre alten Riesling-Reben lassen hier kleinbeerige, hochintensive Trauben entstehen, die goldgelb und reif geerntet werden. Der Boden ist sandiger Lehm, was einen zumeist filigranen, sehr eleganten Wein mit ausgeprägter, aromatischer Dichte entstehen lässt.

Tements Riede Zieregg liegt mit einer Ausdehnung von 330 bis 490 Metern N.N. teilweise über 400 Meter höher als der auf nur 80 Metern N.N. liegende Sankt Nikolaus. Vor Millionen von Jahren bedeckte ein Urmeer die Südsteiermark und formte die Korallenkalkriffe, die bis heute die Landschaft dieser Region prägen. Die Steillage ist nach Süd-Südwest ausgerichtet und liegt nur einen Steinwurf von der slowenischen Grenze entfernt. Die direkt angrenzende Nachbarlage Ciringa liegt bereits auf slowenischem Gebiet. Erklärtes Ziel der Familie Tement ist es, die Ausdrucksstärke dieser verwitterten Kalkböden herauszuarbeiten. Die Rebsorte Sauvignon Blanc ist hierbei nur das Ausdrucksmittel des Bodens, ohne deren laute Fruchtaromen die Terroir-Expression überdecken zu lassen.

Armin Tement und Peter Bernhard Kühn
Armin Tement und Peter Bernhard Kühn

2006

Die Weine werden in 2er Flights von alt nach jung serviert. Los geht es mit dem Jahr 2006, das vielen Winzern als kleinere Katastrophe im Gedächtnis geblieben ist. Ein sehr regenreicher Sommer und Herbst zwang viele deutlich früher zu ernten als ihnen lieb war, denn Botrytis und Fäulnis breiteten sich rasant aus. Penibles sortieren war am Ende der Schlüssel zum Erfolg.

Beim Schlehdorn dominieren süß-herbe Zitrusfrüchte in der Nase. Kandierte Quitte und Bitterorange. Schalenaromen von damals noch praktizierten Maischestandzeiten sind gut eingebunden und kaum noch wahrnehmbar. Der Wein präsentiert sich harmonisch und frisch am Gaumen mit einem winzigen Hauch von botrytisierter Honigsüße neben der rassigen Zitrusaromatik. Das führt zu ausgeprägter Komplexität und ich nehme es nicht als störend wahr.

Zieregg verströmt daneben opulente, tropische Frucht. Maracuja, Netzmelone und reife Aprikose sind eingehüllt in sehr zarte, fein verwobene Holznoten. Am Gaumen druckvoll und voluminös aber mit enormer Spannung in verschwenderisch üppiger, gelber und tropischer Fruchtfülle. Dazu eine vibrierende Mineralik zwischen Feuerstein und Kreide, die nach über zehn Jahren der Reife aber nicht mehr aggressiv, sondern sehr einnehmend, würzig und cremig daherkommt und dennoch für einen reizenden Kick im Finish sorgt.

2006 bis 2016
2006 bis 2016

2007

Das Jahr 2007 begann mit einer rekordverdächtig frühen Blüte. Auf eine kurze Verschnaufpause für die Reben im kühleren Sommer folgte ein sehr warmer Herbst, der gesunde, vollreife bis hin zu üppig-reife Trauben ermöglichte.

Eine feine Schärfe liegt über der Nase des 2007er Schlehdorn. Darunter eine kompakte, dichte, gelbwürzige Frucht mit leicht tropischer Spitze hintenraus. Am Gaumen samtig und voluminös in reifer, üppiger Gelbfruchtigkeit. Soweit sehr typisch für 2007. Allerdings zieht sich im Nachhall eine elektrisierende, fast scharfe und dunkel anmutende Säurespur gnadenlos über die gesamte Zunge und dehnt den Wein in eine atemberaubende Länge aus. Wow!

Der Zieregg wurde in diesem Jahr zu 25 Prozent auf den Schalen vergoren. Eine sehr elegante Nase mit eher zurückgezogener Frucht. Vor allem im Vergleich mit dem sehr expressiven 2006er. Dies verleiht dem Wein eine grazile Anmut. Ein Hauch Maracuja auf nassem Stein, alles fein und mit zarter Süße unterlegt. Am Gaumen dann sehr ausladend und fast überwältigend üppig in gelber und tropischer Frucht. Viel Druck aufbauend bei gleichzeitig sehr elegantem, poliertem Mundgefühl. Es folgt ein Nachhall, der eine Dichte anklingen lässt, die noch für ein bis zwei weitere Dekaden ausreichen könnte. Ein massiver Wein. Schlehdorn wirkt daneben aus einem ebenfalls üppigen Jahr etwas leichtfüßiger bei ebenso hoher Intensität.

Weingut Kühn
Weingut Kühn

2008

Das Jahr 2008 war im Gegensatz zu seinen drei Vorgängern nach einem kühlen Herbst eher spätreifend. Die Säuren sind tendenziell hoch und Lagen mit wärmerer Exposition waren in diesem Jahr durchaus bevorzugt.

Schlehdorn und Zieregg präsentieren sich gleichermaßen wunderbar ausgewogen und harmonisch in diesem kühleren Jahr. Besonders den Schlehdorn möchte ich hier hervorheben. Er kommt mit einer stylischen Zitrus-Nase daher. Kühl, erfrischend und von dunkler Mineralität durchzogen. Fast etwas Graphit-Unterlegung, dazu ein kräutriger Touch in Richtung Schwarztee. Die aromatische Frucht zeigt sich beinahe ebenso expressiv wie aus den heißeren Jahren. Doch deren Hang zu gelber Üppigkeit wird hier durch eine extrem elegante, weiße Fruchtkomponente ersetzt. Dieser Schlehdorn fühlt sich aktuell perfekt harmonisch und balanciert an. Der Gaumen ist zwar druckvoll aber stets auf der frischeren, feingliedrigeren Seite bleibend, weil die eindringliche, aber sehr reife Säure einen wunderbaren Auftrieb und eine ausgesprochen sublime Trinkbarkeit verleiht. Ein Wein mit riesigem Potenzial, weil er sich in seiner eher langsamen Entwicklung so klassisch nach Rheingau-Riesling anfühlt, ohne jemals abweisend oder rustikal zu wirken. Ein bezaubernder Wein und einer meiner Lieblinge.

Weinfeld bei Kühn
Reben bei Kühn

2009

Entgegen dem überwiegenden Rest von Europa war 2009 in der Südsteiermark kein heißer, sondern ein eher regnerischer Jahrgang. Es gab sogar Probleme zu voller Reife zu gelangen. Die Familie Tement experimentierte in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem Ausbau ohne Schwefel, um eine mögliche neue Dimension für ihre Weine zu erforschen.

Für den Schlehdorn war 2009 natürlich ein warmer Jahrgang, der sich dafür aber mit überraschender Spannung und sogar etwas reifer Limettenfrucht präsentiert. Der fühlbare Schliff und die Dynamik des Weines stammen allerdings eher aus einer mineralischen Anmutung im Mund, als von einschneidenden Säuren. Ein überraschenderweise irgendwie leicht anmutender Körperbau wirkt sehr elegant und entspricht zunächst gar nicht der Vorstellung eines 2009ers. Aber gerade in warmen Jahren mit etwas erhöhten Erträgen ist diese »Verdünnung« oder »Auflockerung« der Struktur, das was am Ende zu Eleganz führt und eine Überkonzentration verhindert. Ein Phänomen das 2018 in ähnlicher Weise aufgetreten ist. Und von wirklich hohen Erträgen sprechen wir beim Schlehdorn ohnehin in keinem Jahr. Ein faszinierender 2009er Riesling.

Zu Gast bei Familie Kühn
Zu Gast bei Familie Kühn

2010

2010 war ein Jahr mit schwieriger Vegetationsperiode. Ein kühler Jahrgang mit Hitzespitzen im Sommer bei permanent hoher Feuchtigkeit sorgte für viel Botrytis, hohe Extrakte und gleichzeitig sehr hohe Säuren. Ein verrücktes Jahr, das den Winzern viel abverlangte und anfangs nur sehr schwer zugängliche Weine mit beißenden Säuren hervorbrachte. Doch aus dem zunächst unterschätzten Jahr ist – ähnlich wie 2004 – ein heute gefeierter und gesuchter Riesling-Jahrgang geworden, weil er Konzentration und Power mit rassiger Säure vereint, die sich langsam einzubinden beginnt. Sowohl Schlehdorn als auch Zieregg sind für mich allerdings noch zu unruhig und im Fall des Schlehdorns aktuell auch noch nicht vollständig in der Delikatessen-Phase angekommen. Wenngleich Extrakt und Säuren für einen beeindruckenden Kick und eine abgefahrene Haptik sorgen. Ich würde noch fünf bis acht Jahre warten. Geniale Weine allemal, ein extrem spannender Jahrgang!

Weingut Tement
Weingut Tement

2011

2011 war erneut ein frühes Jahr mit hohen Erträgen von überwiegend gesunden Trauben. Was zunächst vielversprechend begann schockte nach wenigen Jahren jedoch viele, denn die Weine kamen schnell in eine schwierige, weit fortgeschrittene Phase. Auch Familie Kühn war zwischenzeitlich nicht vom weiteren Potenzial der 2011er überzeugt. Aber aktuell hat der Schlehdorn laut Peter Bernhard ein Plateau der Balance erreicht, dass er nun schon eine Weile hält und neugierig auf die künftige Entwicklung macht. Der Wein präsentiert sich weich und anschmiegsam mit zarter, reifer Säure in tiefgelber Frucht. Ich würde noch ein paar Jahre warten und sehen wie er sich weiterentwickelt oder ihn zu einem passenden Essen genießen.

Bei Familie Tement wurde der Zieregg 2011 zum ersten Mal für volle 18 Monate komplett ohne Schwefel ausgebaut, um die laute Sauvignon-Frucht bewusst leicht zu oxidieren und sich somit komplett von der typischen Steiermark-Primärfruchtstilistik abzuwenden. Ein Drahtseilakt! Denn gerade diese Rebsorte ist sehr anfällig für Oxidation. Der 2011er zeigt eine wunderbar ausgewogene, strahlend-weiße Frucht. Hochintensiv und hoch verdichtet. Aber enorm elegant und schwebend fein mit energetischer, geradezu elektrisierender Säurestruktur, die den Zieregg bei aller Kraft zartschmelzend und ultrafein dahingleiten lässt. Bereits jetzt ein großer Wein und wahrscheinlich noch größer werdend. Alle Anlagen sind gegeben. Fühlt sich vielleicht schon einen Tick zu perfekt an, wenn man denn Perfektion bemängeln kann. Zunehmendes Alter wird noch mehr Charakter bringen.

Zieregg – Tement
Zieregg – Tement

2012

Das Jahr 2012 verbrachte Peter Bernhard Kühn nicht zu Hause, sondern bei Zind-Humbrecht im Elsass. Und während dort die Lese schon im vollen Gange war und sehr durchwachsene bis schwierige Traubenqualitäten lieferte, staunte Peter Bernhard nicht schlecht als seine Eltern seelenruhig wie immer zu Besuch kamen. Brennt es zu Hause etwa nicht so wie hier?! Nein, im Rheingau war alles easy. Die Lese hatte noch nicht einmal begonnen. Am Ende ein sehr ausgewogenes, harmonisches Jahr. Und genau so präsentiert sich der Schlehdorn 2012. Wer die Perfektion in Harmonie und Eleganz sucht, der wird hier fündig. Ein Wein an dem es eigentlich nichts Besonderes auszusetzen oder anzumerken gibt, ähnlich wie beim Zieregg 2011. Dafür aber eben auch nicht ganz so spannend wie 2010. Ein unaufgeregter, großer Wein.

In der Südsteiermark war 2012 ein eher schwieriges Jahr mit durchwachsener Vegetationsperiode, was für anfangs unzugängliche Weine sorgte. Für Armin Tement war es das erste Jahr in dem sein Vater vorsichtig zugab, dass der Zieregg nun langsam beginne dort anzukommen wo er es sich wünscht und vorstellt. Nicht gemeckert ist ja auch genug gelobt! 2012 Zieregg ist ein ganz wunderbarer, aufregender Wein und in meiner Zieregg Top-3 des Abends.

Monika Tement und Viktoria Kühn
Monika Tement und Viktoria Kühn

2013

Im etwas kühleren Jahr 2013 hat Familie Kühn auf längere Ausbauzeiten für ihre Crus umgestellt. Ein aus der Reihe tanzendes Fass des 2013er Doosberg GG wurde sogar vier Jahre auf der Hefe belassen und erst 2018 als Riesling R auf den Markt gebracht. Es war auch das Jahr der nun vollständigen Integration von Peter Bernhard in den elterlichen Betrieb. Der 2013er Schlehdorn zeigt eine sehr ausgefallene, grandiose Nase von Salzzitrone, Kreide und Muschelschale. Da kommt fast ein wenig Chablis-Assoziation auf. Doch die Frucht ist gefühlt unendlich tief und viel gelbwürziger als bei einem Chablis – das müsste schon ein Raveneau Les Clos sein. Eine von hefegeprägten Briochenoten getragene, tiefe Extraktsüße sorgt für eine bisher noch nicht dagewesene Delikatesse und einen Schmelz am Gaumen wie ihn Rheingau-Weine eigentlich erst im sehr viel höheren Alter zeigen. Der längere Ausbau macht sich hier bereits sehr positiv bemerkbar. Dazu kommt im Jahr 2013 auch eine rasiermesserscharfe, ultrapräzise aber perfekt reife Säurespur, die dem Wein einen unaufhaltsamen, grazilen Auftrieb verleiht. Durchaus ein bisschen in Richtung 2010 gehend, aber sich an diesem Abend bereits viel harmonischer präsentierend. Ein rührender Wein, der mir bei jedem Schluck einen wohligen Schauer der Begeisterung über den Rücken laufen lässt. Wow, was für ein spektakulärer Schlehdorn!

98–100
/100

Weinclub

BIO

VDP

Riesling Landgeflecht PJK. Unikat

Peter Jakob Kühn

Rheingau

f

Riesling, trocken

z

voll & rund
mineralisch

a

Lobenberg: 98–100/100

Parker: 97/100

95–97
/100

BIO

VDP

Limitiert

Riesling Hallgartener Hendelberg Erste Lage

Peter Jakob Kühn

Rheingau

f

Riesling, trocken

z

mineralisch
voll & rund
frische Säure

a

Lobenberg: 95–97/100

Falstaff: 94/100

2014

Der Jahrgang 2014 war sowohl in weiten Teilen Deutschlands als auch in der Südsteiermark anspruchsvoll und schwierig. Noch nie wurde so wenig Grand Cru Menge in der Steiermark geerntet. Tements beschäftigten für volle acht Wochen mehr als 150 Lesehelfer – ein Wahnsinn! Eine der teuersten Lesen überhaupt. Am Ende macht das aber eben das Quäntchen mehr an Qualität aus und den Unterschied zwischen Mittelmäßigkeit und Größe. Diesen Anspruch zu haben ist eine bewusste Entscheidung. Der 2014er Zieregg ist eher kreidig-mineralisch als fruchtbetont und wirkt dadurch nicht offensichtlich charmant. Zeigt durchaus Spannung, reicht jedoch nicht an die Fülle und den Druck vieler anderer Jahre heran. Ein sehr pures, fast karges Jahr. Ich mag das.

Für Familie Kühn ist 2014 in meinen Augen ein überdurchschnittlich gutes Jahr mit vielen tollen Weinen, die sich häufig deutlich besser präsentieren als der Ruf des Jahrgangs vermuten ließe. Auch 2014 weht der Schlehdorn mit feiner Spannung aus dem Glas. Ein multikomplexes aromatisches Spiel mit weiß- und gelbfruchtigen, herb-kräuterwürzigen Elementen und süßlichen Hefenuancen. Ein ruhiger Wein, der dennoch seine angespannte Kraft und hohe energetische Ausstrahlung nicht verbergen kann. Ein Wunderwerk der Komplexität und ein sehr spannender, großer Riesling, der dem allgemeinen Ruf des Jahrgangs spottet.

Peter Bernhard Kühn
Peter Bernhard Kühn in seinem Element

2015

2015 war gerade im Rheingau ein herausragendes Jahr. Viele Weine zeigen eine extreme innere Dichte, hohe Konzentration, satte Reife und trotzdem sehr vitale Säuren und eine kaum für möglich gehaltene Energie und Frische. Tiefe, Reife, Klarheit, Präzision, Charme, Ruhe, Kraft – alles ist im 2015er Schlehdorn in Perfektion miteinander verwoben. Ein verblüffendes, atemberaubendes Jahr. Höchst faszinierend und fesselnd. Ein fast vor Spannung platzendes Energiebündel am Gaumen, das auf unerklärliche Weise sowohl harmonisch als auch wild daherkommt. Ein abgefahrener Wein. Riesengroß! Wie der perfektere Bruder von 2010. Ebenso intensiv – alle Regler nach rechts – aber dennoch bereits viel charmanter! Ich bin auf die weitere Entwicklung gespannt. Ich kann nicht genug davon bekommen und selbst am folgenden Tag geht mir der Wein noch durch den Kopf. Ein Schlehdorn auf dem Weg zur Legende.

Der monumentale 2015er Zieregg daneben macht diesen Flight zum vielleicht beeindruckendsten Pärchen des Abends. Rauchig, feuersteinig, kühl. In Kreidestaub gepuderte Zitrusfrucht und noble Reduktionsnoten dominieren in der kargen Nase. Kaum Frucht, ein kompromissloser Steinwein. Das ist der erste Jahrgang, der die Abkehr vom Sauvignon Blanc und die Hinwendung zur Bodenexpression so deutlich unterstreicht. Pouilly-Fumé lässt grüßen. Mit eleganter Intensität am Gaumen, mehr feuersteinig-weiße als gelbe oder tropische Frucht. Im Ausklang löst sich alles in feinkörnigen, salzig unterlegten Tanninen und kernig-vibrierender Säure auf. Eukalyptus und Minze im Nachhall, dann endlos in Kreide ausklingend. Der erste Jahrgang in dem Armins Vater vollends zufrieden mit der Entwicklung des Zieregg war. Ein Riesenwein. Ein Meisterwerk der Terroir-Expression und für mich der größte Zieregg des Abends mit enormem Entwicklungspotenzial.

98+
/100

BIO

Limitiert

Sauvignon Blanc Zieregg Große STK Lage

Tement

Südsteiermark

f

Sauvignon blanc, trocken

z

voll & rund
mineralisch
exotisch & aromatisch

a

Lobenberg: 98+/100

Falstaff: 98/100

2016

Den krönenden Abschluss bietet mit 2016 das große Jahr der Eleganz. Peter Bernhard schwärmt über den Jahrgang: »Das Jahr 2016 überwältigt nicht mit Intensität, sondern lässt Freiraum für Entfaltung, für Ruhe. Diese Freiräume werden über die Zeit gefüllt werden mit sich langsam entfaltender Ausdruckskraft.« Es ist ein in sich gekehrtes, hellmineralisches, weißfruchtiges, geschliffenes, geradezu buddhistisches Jahr. An diesem Abend ist der Schlehdorn etwas vom Holz geprägt, aber auf eine anmutige, edle Art. Ein Hauch von Meursault weht durch Oestrich-Winkel. 2016 schwebt – über den Gaumen und durch den Kopf. Immer wieder. Der Wein braucht Zeit. Vielleicht mehr als jeder Schlehdorn zuvor, aber er hat das Potenzial einer der größten überhaupt zu werden. Bezaubernd.

Der 2016er Zieregg präsentiert sich rauchig-reduktiv, in noble Zurückhaltung gehüllt. Unter der von Kreidestaub bedeckten Oberfläche blitzen Cassis und Grapefruit auf, ohne jemals tatsächlich den Eindruck von Frucht zu erwecken. Seidige Gerbstoffe und eine rassige, salzbeladene Säure bilden den Unterbau dieses schwebenden Wunderwerks. Ultrafein und doch hochintensiv, ohne aktuell viel preiszugeben in seiner fein verwobenen Verschwiegenheit. Dieser Zieregg wird viel zu erzählen haben.

Elf grandiose Highlights
Elf grandiose Highlights

Eigenartig, einzigartig, großartig

Ich bin tief berührt und beeindruckt von dieser Probe. Zwei tolle Winzer-Familien, die mit ihrem Namen für Handarbeit, Hingabe und bedingungslose Leidenschaft stehen und uns Weinfreunde regelmäßig in den Himmel des höchsten Genusses aufsteigen lassen. Liebe Familien Tement und Kühn, von Herzen vielen Dank für diese horizonterweiternde Reise durch zehn wahrlich spannende Jahrgänge mit einer spürbaren Evolution zweier der größten Weißweine Europas. Eigenartig, einzigartig, großartig – echte Unikate.

Peter Jakob Kühn

Peter Jakob Kühn

Dass man nicht immer Mainstream sein muss, um großen Erfolg zu haben, beweist Familie Kühn mit Ihrer herausragenden Arbeit als Demeter-Aushängeschild des Rheingaus. 1978 übernahmen Angela und Peter Jakob Kühn das Gut in Oestrich-Winkel von Peters Vater, der kurz darauf nach langer Krankheit verstarb.

Tement

Winzer

Tement

Tement

Mit dem Wissen, dass die Qualität des Weines im Weingarten wächst, waren Heidi und Manfred Tement mit viel Sorgfalt und Gefühl bemüht, die von der Natur aus bestmögliche Qualität der Trauben zu erreichen. Der Sohn Armin und seine Frau Monika leiten heute mit noch mehr Präzision und Ambitionen das...

Elias Schlichting

Elias Schlichting

Elias liegt der Wein im Blut, schon sein Großvater besaß einen Weinberg in Heidelberg. Das er mal Weinwirtschaft studieren und dann bei Lobenbergs Wine Scout werden würde, konnte damals natürlich niemand ahnen. Elias liebt Weine aus dem Burgund, aber auch alle anderen guten Tropfen liegen ihm schwer am Herzen. An den Entdeckungen seiner Weinreisen lässt er uns alle teilhaben.

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