Lobenberg: Das Jahr begann mit einem frühen Austrieb, dann eine lange kühle Periode bis zur Blüte, der Sommer hatte einige sehr frühe Juni-Hitzespitzen, war insgesamt sehr warm und trocken. Durch die sehr kalten Nächte im Herbst hat sich eine brillante Fruchtsäure erhalten, die dem Jahrgang diese einmalige energetische Frische verleiht. Einen derartigen Spagat wie im Jahr 2019 zwischen den eigentlichen Gegensätzen hoher Fruchtreife und zugleich perfekten natürlichen Säuren gab es so noch nie in der Geschichte sagt Cornelius Dönnhoff. 2010 trifft auf 2018. Die Füße der Reben stehen im Schiefer, Schwemmsanden, vulkanischen Anteilen. Eine sehr komplexe Bodenstruktur, die sich hier am Flussbett angereichert hat. Das Ganze steht unten an der Brücke und ist die kühlste Lage. Obwohl diese Lage tief liegt ist sie häufig auch die kargste. Jedes Jahr der Streitpunkt welches die größere Spätlese ist: Oberhäuser Brücke Monopol oder Hermannshöhle? Ich finde, im Bereich der Spätlese fast immer die Oberhäuser Brücke spannender, weil sie ein bisschen pikanter ist. Die Hermannshöhle ist großrahmiger, ist opulenter. Aber die Brücke ist fein und verspielt. Sie hat eigentlich eine Kabinett-Weinstilistik. Zitronengras, kandierte Zitrone und Quitte, Muschelschale und Limette. Unglaublich kristallin und reintönig im Jahr 2019, das ist eine Konstante, die sich in diesem Jahr bei den besten durch beinahe alle Rieslinge und auch durch die Süßweine zieht. Auch 2019 zeigt die Brücke diese straighte Art, nur geradeaus, so mineralisch, zitrisch, geschliffen, geradeauslaufend, ruhig und total elegant. Das ist schon next level Finesse in 2019. Im Mund dann vollreife, milde, salzig-pikante Zitrusfrucht, Limette, kandierte Zitrone, ein klein wenig Quitte und helle Melone. Wow, die Augen ziehen sich zusammen, hintenraus Salz und dieses kristalline Säurespiel. Das ist eine schicke Spätlese, nichts ist breit, nichts ist pappig. Die Brücke hat ein irres Spiel, der Wein tänzelt, er vibriert und ist elektrisierend, und dabei doch harmonisch und ausgeglichen, voller Finesse. Das ist normalerweise oft die beste „Süßlage“, weil hier die Botrytis wenn sie denn kommt sehr gesund ausfällt, weil sie vom Morgennebel und nicht von feuchtem Boden kommt. Aus dieser Lage kommt auch in manchen Jahren das Versteigerungs-GG. Die Brücke Spätlese ist atemberaubend und immer eine der besten Spätlesen überhaupt, weil sie Finesse und Spannung vereint. 97-100/100
