Riesling Graacher Himmelreich Spätlese 2022

J. J. Prüm: Riesling Graacher Himmelreich Spätlese 2022

VDP

Zum Winzer

95–97
100
2
Riesling 100%
5
weiß, süss
8,0% Vol.
Trinkreife: 2026–2067
Verpackt in: 6er
9
exotisch & aromatisch
voll & rund
leicht süss
3
Lobenberg: 95–97/100
Decanter: 96/100
Suckling: 96/100
Gerstl: 20/20
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Graacher Himmelreich Spätlese 2022

95–97
/100

Lobenberg: Ich bin normalerweise nicht der Riesenfan von Spätlesen, eher von Kabinetten und dann gleich Auslesen. Aber bei Prüm im Weingut gibt es eine besondere Liebe für die Spätlese. Sie sind einfach unglaublich fein und schlank, rassig, kühl und ziseliert. So wie Spätlese sein sollte, dass es ein grandioser Speisebegleiter ist und nahezu unendliche Foodpairing-Möglichkeiten eröffnet. Sehr expressiv wie das Kabinett auch, viel offener als die Sonnenuhr, was ungewöhnlich ist, aber in 2022 der Charakter zu sein scheint. Grünblättrig-kühl, saftig und sehr, sehr steinig dabei, leicht ins Rauchige gehend. Keinerlei Opulenz, keine Exotik oder drückende Süße. Nur Spannung, nur geradeaus, der Wein kennt nur eine Richtung. Der Mund ist würzig-pikant, unfassbar salzig, Stein, Stein, Stein, dann kommt wieder etwas helle Frucht darunter, Pfirsich und Pfefferminze. Die Struktur ist zupackend, fest, von feinen Salzadern marmoriert. Das ist gewissermaßen eine ganz klassische Moselspätlese, ein Modellathlet. Es gab lange nicht mehr so spannende, krachende Schiefer-Geschosse von der Mosel in der Spätlese Kategorie wie 2021. 95-97/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

96
/100

Decanter über: Riesling Graacher Himmelreich Spätlese

-- Decanter: This powerfully concentrated yet fresh-fruited sip is a touch more inviting young than the more nervous Wehlener Sonnenuhr this vintage. Flavours of white grapefruit and green apples are intensely ripe but pure and pristine, etched by strikes of lime and salt. A delightfully fruity, off-dry wine with a kiss of tangerine sweetness on the finish. Ready now but will improve further. 96/100

96
/100

Suckling über: Riesling Graacher Himmelreich Spätlese

-- Suckling: Striking nose of garden herbs with just a hint wet earth underlining the delicate white tree fruit aromas. Stunning concentration and energy on the super-straight medium-bodied palate. Very long, almost perfectly balanced finish that is surprising for this category at this early stage in the wine’s development. Great slate expression. Drink or hold. 96/100

20
/20

Gerstl über: Riesling Graacher Himmelreich Spätlese

-- Gerstl: Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Was hier entstanden ist, ist einfach grandios. Was für ein delikat kristalliner und klarer Duft, geprägt von einer tiefgründigen Mineralität. Sehr sinnlich auch die floralen und würzigen Aromen, die dazu beitragen, dass die Spätlese auch eine faszinierende Komplexität hat. Feinheit und Präzision im Wein sind einfach phänomenal – ich könnte stundenlang daran schnuppern. Ein Gefühl von Glückseligkeit überfährt mich. Trotz der aromatischen Intensität wirkt der Wein sehr saftig, frisch und leichtfüssig. Dies hat er der herausragenden Säure zu verdanken, die raffinierter nicht sein könnte. Auch Länge und Nachhaltigkeit sind atemberaubend. Für mich ist diese Spätlese auf dem grandiosen Niveau der 2021er.

Mein Winzer

J. J. Prüm

Das Weingut J. J. Prüm entstand 1911 nach der Erbteilung des Stammgutes auf die sieben Kinder des letzten Inhabers, Mathias Prüm. Heute werden die legendären Weine von Dr. Manfred Prüm und seiner Familie erzeugt.