Lobenberg: Der Schlossberg stammt von sehr alten Burgunder-Klonen und auch einer burgundischen Selection Massale aus Pommard. Auch dieser Wein wächst komplett auf Vulkangestein. Das Gestein heißt tephritische Larven und enthält deutlich mehr Eisen. Ich weiß nicht, ob es an der Selection Massale liegt, aber der Schlossberg ist trotz der Eisenunterlage von allen drei Großen Gewächsen das ausgewogenste. Im steilen, windgeschützten Kernstück dieser historisch bedeutsamen Steillage, staut sich die Wärme und schafft ein einzigartiges Kleinklima, das die Weine besonders prägt. 2017 war prinzipiell ein warmes Jahr, nach einem guten Spätsommer ging es in einen Herbst mit bereits kühleren Nächten, was die Finesse und Feinheit dieses Jahrgangs ausmacht. Die Weine sind viel zarter und leichter als die massiven, kraftvollen 2015 und 2016, im Ergebnis ist der Schlossberg 2017 allerdings hier wieder der überragende Wein bei Keller und für mich einer der grandiosesten Pinot Noirs Deutschlands. Ganz zarte, feine rote Frucht, sehr reintönig und klar in der Nase, Sauerkirsche, Kirsche, Hagebutte, Schlehe, feine Beerenfrüchte dazu, so fein, auch etwas floral, Flieder, ein Hauch Veilchen und Rosenblätter, aber nichts zu Üppiges oder Ordinäres. Wie duftig, wie schön, wie fein, wie zärtlich ist dieser Wein und dennoch ist er in keinsterweise zu verwechseln mit einem Burgunder, auch wenn es vielleicht so klingt. Er fühlt sich in seiner ätherischen Leichtigkeit durchaus an wie ein Chambolle-Musigny, aber die Nase ist doch ganz eigenständig, wir haben eben vulkanische Böden und keinen Kalk hier. Was den Wein so groß macht, ist bei aller Leichtigkeit diese Spannung, eine Konzentration ohne Üppigkeit, eine Nachhaltigkeit ohne Schwere. Der Mund ist zart und trotzdem dicht, der Oszillograph zwischen der enormen Frische und der hochintensiven, kirschigen Frucht ist genial. Der Körperbau ist total ausgewogen, alles passt, die Kirschfrucht ist pur und ultrafein, so geschliffen leichtfüßig und lang. Ein Wein zum solo genießen, man kann ihn natürlich mit Essen kombinieren, aber er ist so schön, so delikat und genussvoll auch so einfach so zu genießen, weil er so enorm durchzieht in seiner puren Frucht und der enormen Spannung. Er ist anders als sein Vorläufer der Riese 2016, aber er ist nicht minder schön. Das ist einer der großen Pinot Noirs des Jahres 2017 auf gleicher Stufe wie Hubers Wildenstein oder Fürsts Hundsrück, alle drei sind zärtliche Riesen mit immenser Konzentration und wunderbarem Zug. Mir ist auch klar, dass 2017 ein Übergangsjahr ist zwischen dem Powerjahr 2016 und dem kommenden Riesenjahr 2018, das so viel Ähnlichkeit mit Burgund 2005 hat und trotzdem hat dieser Wein seine absolute Berechtigung. Das ist eine ausgesprochene Delikatesse, anders kann man es nicht sagen. 99-100/100