Klar ist, dass der Weltruhm im Medoc entstand. Klar ist aber auch, dass die Musik der teuersten und rarsten Weine am rechten Ufer spielt.

Inhalte werden geladen - Weinglas Animation

Im Überblick

Weinregion Bordeaux

Das »linke Ufer« von Bordeaux besteht aus Schwemmland der Flüsse Garonne und Gironde, Lehm, Sand und hohen Kiesplateaus. Je mehr Kies, desto besser die Drainage (Wasserabfuhr), die besten und höchst klassifiziertesten Chateaux liegen auf den größten Kiesansammlungen.

La Lagune Bordeaux Weingut

Medoc

Im Flachland an den Rändern des Medoc (Listrac und AC Bordeaux) gibt es eher Sand. Spötter empfehlen, hier den Kartoffelanbau vorzuziehen. Schwerpunkt und Herz der Weine auf diesen Kiesböden bildet die darauf perfekte frucht- und tanninstarke Cabernet Sauvignon. Die fülligere, fettere Merlot (gedeiht besser auf Kalk) wird nur dazu gemischt, manchmal unterstützt von kleinen Mengen der sehr feinen und femininen Cabernet Franc und dem Tannin- und Würzehammer Petit Verdot. Das qualitative Herz des linken Ufers bildet die Region Medoc, die wieder unter­teilt ist in verschiedene Appellationen gehobener Klasse und sehr eigenständiger Typizität. Innerhalb dieser Appellationen ist der tiefer gelegene Teil (sehr nah am Fluss) qualitativ schwächer, schlechtere Drainage, die Wurzeln stehen oft im Regen­wasser, die Reben müssen zu wenig leiden, die Weine werden bäuerlicher und weniger finessereich. Sehr deutlich zeigt sich dies am Beispiel der nördlichsten Medoc-Appellation Saint Estèphe, Le Boscq und Tronquoy Lalande haben etwas schwächeres Terroir als Phelan Segur. Calon Segur hat noch mehr Kies unter der Rebe, ein weiterer Quantensprung. Nur Montrose und Cos d’Estournel liegen noch höher, hier ist dann auch qualitativ der Gipfel erreicht. Die meisten 1er Crus, Super-Seconds und weitere Qualitäts-Senkrechtstarter gibt es im direkt südlich anschließenden Pauillac, dann folgt in der offiziellen Qualitäts-Hierarchie die Appellation Margaux. Für manche Insider ist das extrem fruchtbetonte und verspielte Saint Julien, das direkt zwischen dem nördlicheren Pauillac und dem südlicheren Margaux liegt, qualitativ aber durchaus die zweitbeste Appellation nach Pauillac.

Nur Montrose und Cos d’Estournel liegen noch höher, hier ist dann auch qualitativ der Gipfel erreicht.

Richtung Bordeaux Stadt

Auf etwas schwächerem Niveau sind die Margaux-Randappellation Moulis und die Ränder von Saint Estèphe (heißt dann Haut Medoc mit den Highlights Sociando Mallet und Charmail) und wieder Margaux (auch da heißt es Haut Medoc mit den Krachern La Lagune und du Retout). Generell kann man sagen, dass die Weine im Norden, also Saint Estèphe, etwas fruchtstärker und tanninreicher sind und dann auf dem Weg nach Süden feiner und eleganter werden (Höhepunkt in der Appellation Margaux). In der Stadt Bordeaux selbst beginnt dann auf ähnlichem Grund die Appellation Pessac Léognan mit ihrer extremen Mineralität und zusätzlich den besten Weißweinen von Bordeaux. Je weiter südlich man kommt, desto geringer wird dann diese Mineralität, die Weine sind immer noch sehr würzig, die Weißweine sogar groß, aber die Klasse des Stadtgebiets (Haut Brion, La Mission, Pape Clement) kann trotz großartiger Ergebnisse auf Haut Bailly und Smith Haut Lafitte nicht mehr ganz erreicht werden.

Chateau Grand Puy Lacoste Bordeaux
Chateau Grand Puy Lacoste

Der Süden des linken Ufers

Noch weiter südlich wird es noch flacher und sandiger, das Gebiet heißt Graves und ist nicht sehr interessant für gute Rotweine. Anständige Weißweine gedeihen hier aber recht gut. Wirklich grandios wird es dann erst noch weiter südlich und in Flussnähe (Nebel und feucht), auf hohen Kiesbänken liegen mit dem Sauternes und dem reinen Kalksteinterroir Barsac zwei der besten Süßweingebiete der Welt.

Der Nebel und die Feuchtigkeit begünstigen die Botrytis, die Weine vergären auf Grund der besonders guten Hefen aber besser als z. B. bei deutschen Beerenauslesen. Diese französischen Beeren- und Trockenbeerenauslesen sind trotz hoher Süße und astronomischer Lebenserwartung satt im Alkohol, der Trinkcharakter dieser Semillon- und Sauvignon-Weine ist ganz anders als bei deutschen oder österreichischen Süßweinen.

Diese linke Seite mit Ihrer Vielfalt aus Spitzen­weinen – ob Rot, Weiß oder Sau­ter­nes und Barsac – hat den legendären Ruf Bordeaux’ in der ganzen Welt begründet. Nach keiner Anderen Weinbauregion ist so etwas Grundsätzliches wie eine Farbe benannt. Bordeaux ist damit weit mehr als nur eine Stadt, von der aus Wein verschifft wird. Bordeaux hat nun schon über mehrere Jahrhunderte einen nahezu mythischen Klang!

Château Cheval Blanc
Château Cheval Blanc

Diese linke Seite mit Ihrer Vielfalt aus Spitzen­weinen hat den legendären Ruf Bordeaux’ in der gan­zen Welt begrün­det.

Bordeaux Geschmacksnoten
Geschmacksnoten im Bordeaux (zum Vergrößern auf das Bild klicken)

Rechtes Ufer

Das sogenannte »rechte Ufer« in Bordeaux ist klar größer und vom Terroir und den Typizitäten weit weniger einheitlich als das linke Ufer. Der Charakter der sehr oft von der Merlot dominierten Weine schwankt von Region zu Region recht heftig, die Qualitäten gehen von »Top of the world« bis eher simpel. Ich möchte Ihnen die Bereiche aufsteigender Qualität vorstellen. Lassen wir mal den uninteressanten, manchmal zum rechten Ufer gerechneten Bereich zwischen den Flüssen Garonne und Dordogne ganz weg, dort wachsen nette bis schöne Weißweine (Entre-deux-Mers) und simple Rotweine (1er Cotes de Bordeaux). Auf dem rechten Ufer ist der flussferne, nördlichere Bereich nur AC Bordeaux, hier fehlt es an Kalkstein und Lehm, um die Qualität der Merlot wirklich zu zeigen. Ganz interessante und sehr preiswerte Merlots kommen aus der östlichsten Appellation Cotes de Francs. Besser und zum Teil mit Cabernet Franc geblendet sind die oft zarten Finesseweine der sogenannte Rand- oder Satelliten-Appellationen von Saint Emilion, die namentlich alle auf Saint Emilion enden. Gute Klasse auf dem Level der Cru Bourgeois des Medocs kommen seit Jahren von der flussnahen, westlich von Pomerol gelegenen Appellation Fronsac. Etwas dicker und von ähnlicher Qualität ist die reine Merlot-Appellation Lalande Pomerol direkt im Norden Pomerols. Weitaus nordwestlicher, schon direkt an der Gironde (wie der Fluss nach dem Zusammenfluss von Garonne und Dordogne genannt wird) liegen die Appellationen Blaye und Bourg. Die Merlot dominiert auf den Kalkböden von Bourg, in Blaye hat die Cabernet und die Petit Verdot dank der Kiesböden auch durchaus Bedeutung. In beiden Appellationen ist die Bewegung zu biologischen Weinen sehr stark und so gibt es hier den wohl größten Abstand zwischen bäuerlich rustikalen Weinen und wirklicher Klasse.

Angelus Lese
Château Angelus

Weltklasse

Jetzt nähern wir uns langsam der Weltklasse der Top-Appellationen des rechten Ufers. Castillon, direkt östlich an Saint Emilion grenzend, hat vom Terroir das wohl größte Potenzial innerhalb der nächsten 20 Jahre in die Champions-League aufzusteigen. Das Kalksteinplateau ähnelt vom Terroir den Südhängen von Saint Emilion (Ausone, Pavie, Tertre Roteboeuf, Angelus), die neu gepflanzten Klone und die Altreben müssen nur noch die richtige Vermählung im Alter erfahren. Der Kern oder das Herz des rechten Ufers sind die zwei schon fast mythischen, kleinen Appellationen Saint Emilion und Pomerol. In Saint Emilion herrscht zwar auch die Merlot vor, es gibt aber durchaus kiesige Böden im an Pomerol grenzenden Nordbereich, wo die Cabernet Sauvignon (Figeac) und Cabernet Franc (Cheval Blanc) große Finesseweine hervorbringen. Von anderer, weit massiverer Art sind die schwarzfruchtig molligen Weine des Lehm-Kalk-Hochplateaus mit Troplong Mondot, Pavie Macquin und La Mondotte, um nur einige Kracher herauszuheben. Am Südhang, auf fast reinem Kalkstein, liegen dann die rarsten und teuersten Weine von Saint Emilion. Hier reihen sich die schwarzkirschigen, tanninreichen Traumweine von Bellevue, Angelus, Ausone, Pavie, Larcis Ducasse und Tertre Roteboeuf am schroffen Hang aneinander.

Pomerol

Direkt im nördlichen Übergang von Saint Emilion (Cheval Blanc ist das nördlichste Saint Emilion-Weingut) folgt die winzigste und teuerste Appellation von Bordeaux: das Pomerol. Ganz im Süden direkt an Cheval Blanc grenzend kommt mit einem starken Cabernetanteil (auf einer Kieslinse wachsende Reben) das vielleicht finessenreichste, für Pomerol untypischste Weingut Vieux Chateau Certan, das eher einem Cheval Blanc ähnelt. Aber ab dann kommt fast nur noch satte Merlot: La Conseillante, L’Evangile, L’Eglise Clinet, Le Pin und Petrus, das ist ein Reigen von Superlativen und 100-Punkte-Weinen! Die lehmig sandigen Böden des Pomerol bringen jedoch anders als erwartet ganz superbe Finesseweine, sehr komplex und reichhaltig und doch auch fein und träumerisch verspielt. Klar ist am Ende, dass der große Weltruhm Bordeaux’ im Medoc entstand. Klar ist heute aber auch, dass die Musik der teuersten und rarsten Weine am rechten Ufer gespielt wird und dass viele, viele Genießer die weicheren und reichhaltigeren Weine dieser Seite den manchmal sehr puristischen Cabernet-Weinen des Medoc vorziehen.

Weinkarte Bordeaux
Zum Vergrößern auf die Karte klicken

Von ©Max Gerstl, Mai 2022

Kurzbeschreibung aller Bordeaux Jahrgänge seit 1982

Verkostungsnotizen

Mein erster Jahrgang, den ich ab Fass probiert habe. Erfahrene Kollegen hatten mich damals vorgewarnt, es sei unglaublich schwierig, Weine ab Fass zu probieren und zu beurteilen. Und ich kam in Bordeaux an, als 30 jähriger Grünschnabel, und fand die Weine bombastisch gut. Es war ein Hochgenuss, diese Weine zu verkosten. Ich hätte die meisten am liebsten gleich getrunken. Aus heutiger Sicht war das gar nicht so falsch, was ich damals empfunden hatte. Man hatte uns damals auch übereinstimmend erzählt, der Wetterverlauf sei ganz genau so gewesen, wie ein Winzer ihn sich wünsche. Es gab prak­tisch ohne zusätzlichen Aufwand im Rebberg Weine aus perfekt reifen und gesunden Trauben. Und die Weine haben auch gleich nach dem Import im Frühjahr 1985 grandios geschmeckt, sie haben sich zwischenzeitlich kaum einmal verschlossen und die besten von ihnen schmecken auch heute noch grandios und wohl auch in 20 oder 30 Jahren noch. Der einzige Makel: Oft wurden gigantische Mengen mit weit über 100 Hektoliter pro Hektar geerntet. Deshalb haben heute viele 1982er ihre schönste Zeit hinter sich.

Leicht schwierigere Wetterbedingungen führten dazu, dass es nur noch vereinzelt ganz grosse Weine gab. Dies vor allem in der Region Margaux, wo die besten Bedingungen herrschten. So sind denn Château Margaux und Palmer die wohl besten 1983er. Ein Pionier in Sachen präziser Reb­bergs­arbeit war Jean-Luc Vonderheiden, der leider viel zu früh verstorbene damalige Besitzer von Château Monbrison. So zählt denn auch Monbrison zu den allerbesten 1983ern von ganz Bordeaux. Wir haben diesen kürzlich mit dem ebenfalls traumhaft guten Mouton Rothschild blind verglichen, es war ein Vergleich von zwei Weinen auf Augen­höhe. Die paar wenigen überragenden 83er werden wohl auch noch 20 Jahre lang in Hochform bleiben. Viele haben aber – ähnlich wie die 82er – ihre schönste Zeit hinter sich.

Spätestens nachdem ich die ersten zwei bis drei 1984er-Fassproben verkostet hatte, wusste ich, was meine erfahre­nen Kollegen damals meinten, als sie mir sagten, es ist schwierig, Weine ab Fass zu verkosten. Spätestens nach fünf oder sechs Weinen tat mir die Zunge weh von den brutalen, grünen Tanninen und der aggressiven, unreifen Säure. Das war der schwierigste Jahrgang in meiner Weinhändler-Karriere. Man sagte uns damals, dass diese Weine halt viel Zeit brauchen, dass sie aber eines Tages schon noch gut würden. Die besten waren denn auch nach etwa 10 Jahren knapp trinkbar, aber wirklich gut wurden sie nie – und heute haben wohl alle das Zeitliche gesegnet.

Das war nochmals ein grosses, heisses Jahr, ähnlich wie 1982.

Damals wurde eifrig gestritten, ob jetzt das heisse 1985 oder das klassische 1986 das bessere Jahr sei. Die Frage ist bis heute noch nicht 48 geklärt. 1985 gab es mehr verschiedene, traumhaft gute Weine, aber in der Spitze ist wohl 1986 etwas besser, und die besten 86er haben noch Potenzial für weitere 30 Jahre oder mehr.

Ein kleiner Jahrgang, aber im Gegensatz zu 1984 gab es doch reife Trauben. Diese waren zwar ziemlich verwässert und oft auch von Fäulnis geprägt, aber viele Weine waren in jungen Jahren recht gut zu trinken und diese waren ja auch ziemlich billig. Die besten, Mouton Rothschild und Haut-Brion, sind auch heute noch wunderbar zu trinken. Wer sie damals für nur unter 50 Franken in Subskription gekauft hat, hat sicher keinen schlechten Kauf gemacht.

Galt damals als grosser, klassischer Jahrgang. Die Trauben waren aber nur knapp reif. Aber immerhin so, dass sich die gelungenen Weine positiv entwickeln konnten. Die besten 88er öffnen sich eigentlich erst jetzt so richtig und zeigen Grösse, während die schwächeren schon abbauen oder ganz vorbei sind. Der Unterschied zwischen diesen beiden Extre­men liegt selbstverständlich zu einem grossen Teil beim Terroir, aber mindestens ebenso viel lässt sich mit akribischer Arbeit im Rebberg erreichen.

Das war schon der dritte über­ragende Jahrgang in den 80er Jahren, auch der ähnlich wie 1982 und 1985. Der über­ragende Wein des Jahrgangs ist Haut-Brion. Der damalige Direktor Jean-Bernard Delmas wollte ein Zeichen setzen. Haut-Brion war in dieser Zeit immer der am wenig­sten gefragte unter den Premier Crus. 1989 hat man auf Haut-Brion den Ertrag noch mehr reduziert als sonst und bei der Traubenlese auch nochmals akribischer selektiert. Das Ergebnis spricht für sich: Haut-Brion 89 ist wohl der aller­beste Bordeaux der 80er-Jahre überhaupt.

Und gleich noch so ein Megajahrgang obendrauf. Allerdings gab es 1990 vielerorts extrem hohe Erträge. Das ist auch der Grund, warum viele 90er jetzt schon so lang­sam anfangen abzubauen und einzelne sogar ihre schönste Zeit schon hinter sich haben. Aber sie haben uns über viele Jahre extrem viel Freude bereitet, waren sie doch – wie auch die 82er, 85er und 89er – schon gleich nach der Auslieferung traumhaft zu trinken.

Wegen einem katastrophalen Frost im Frühjahr ist praktisch alles erfroren, was schon ausgetrieben war. Nur wenige ganz nahe an der Gironde gelegene Rebberge wurden verschont. Die Trauben der zweiten Triebe wurden nicht mehr richtig reif. So gab es eine Handvoll sehr gute Weine, die auch heute noch in Hochform sind, der Rest war mittelmässig bis schwach.

Da hat es vor und während der Ernte in Strömen geregnet. Die Trauben hatten zwar einen recht guten Reifegrad erreicht, die Fäulnis hat sich aber rasend schnell ausgebreitet und in Sachen Rebbergsarbeit war man noch weit entfernt von der heutigen Präzision. Es gab praktisch nur schlechte bis schwache Weine. Die besten waren jung ordentlich zu trinken. Das Einzige, was damals besser funktionierte als heute, war der Markt; die Weine waren richtig billig.

Das war ein wenig besser als 1992, aber nur unwesentlich.

Nach drei schwachen Jahrgängen musste ja endlich mal ein guter kommen, aber es funktionierte eher nach dem Motto »Unter den Blinden ist der Einäugige König«. Es gibt zwar einige recht gute 1994er, die auch heute noch voll da sind, aber aus ähnlichen Wetterbedingungen hat man 10 Jahre später viel mehr gemacht. Nach der Jahrhundertwende waren sämtliche Jahrgänge deutlich besser.

Endlich so etwas wie ein grosses Jahr und es gab auch einige richtig grosse Weine, die sich heute erst so lang­sam richtig zu öffnen beginnen. Aber vielleicht gab es 20 oder 30 wirklich grosse Weine, bei gleichen Bedingungen gäbe es heute mindestens 200 oder 300 davon.

Nochmals ein ähnlich gutes Jahr wie 1995, eher noch etwas klassischer und langlebiger. Die Spekulation ging jetzt richtig los, die Nachfrage war enorm, die Preise explodierten. Beim Schreiben dieser Zeilen merke ich, dass ich gar noch nicht so viele 95er und 96er probiert habe. In meinem Privatkeller sind fast alle Kisten noch verschlossen. Ich glaube so lang­sam sind diese Weine in ihrer schönsten Genuss­phase ange­kommen, ich sollte mich mal drum kümmern…

Wieder mal ein Jahr, wo die Trauben nicht richtig reif wurden. Es gibt viele ordentliche Weine, aber sie haben halt fast alle diesen grünen 97er-Ton. Eine Ausnahme bildet beispiels­weise der grandiose Tertre-Rôteboeuf.

Ein Jahr, in dem die Merlot-Traube besonders gut gelungen ist, es gab viele grosse Weine in St. Emilion und Pomerol, aber auch im Médoc gab es durchaus respektable Weine. Es war auch die Zeit, als auf breiter Front begonnen wurde, in den Rebbergen immer besser zu arbeiten. Das Resultat aus recht guten Wetterbedingungen und verbesserter Arbeit im Rebberg sind eine respektable Anzahl grosser 1998er-Bordeaux, die heute allesamt eher noch etwas jung sind. Eine erste Trinkreife haben sie erreicht, aber sie können noch zulegen.

Etwas schwierigere Wetterverhältnisse als 1998, aber weitere Fortschritte im Rebberg führten zu Weinen, die in der Spitze zwar nicht die Grösse der 98er erreichen, aber es gibt ein breites Sortiment an sehr guten Weinen, die jetzt praktisch alle eine erste Trinkreife erreicht haben.

Das war bisher in meiner Karriere der gesuchteste Bordeaux-Jahrgang. Wir hatten schöne Mengen zur Verfügung, dennoch hatten wir von praktisch sämtlichen Weinen viel zu wenig. Die Weine sind effektiv grandios und das sehr aus­geglichen über alle Regionen, es ist ein grosser, klassi­scher Jahrgang. Die einfacheren Weine und die Mittelklasse sind jetzt am Anfang ihrer schönsten Genuss­phase, die ganz grossen brauchen noch etwas Zeit.

Das ist einer der unterschätztesten Jahrgänge, er ist praktisch ebenso gut, für einzelne Weine sogar noch besser als 2000. In der Spitze ist 2000 allerdings überlegen.

Klimatisch ein ganz schwieriger Jahrgang, vielleicht sogar ähnlich schwierig wie 1992. Aber im Rebberg wurde so extrem viel besser gearbeitet als noch 10 Jahre zuvor, dass eine grosse Anzahl richtig guter Weine entstanden ist. Diese sind heute praktisch alle trinkreif. Man kann sie aber auch noch einige Jahre halten.

Der grosse Hitzejahrgang, für ganz grosse Weine war es zu heiss, aber es gab viele sehr gute Weine. Sie sind praktisch alle jetzt schon auf dem Höhepunkt. Man sollte sie immer mal wieder beobachten, ich glaube eher nicht, dass sie eine sehr lange Lebenserwartung haben.

Nach der Hitze ein eher kühles Jahr, die Trauben wurden knapp reif. Es war sicherlich nicht ganz so schwierig, die Trauben reif zu bekommen wie 20 Jahre vorher 1984. Aber die um Welten bessere Qualität der 2004er ist doch in erster Linie der extrem verbesserten Rebbergsarbeit zuzu­schrei­ben, viel weniger den unterschiedlichen Wetter­bedingungen. Es gibt viele richtig gute bis teilweise sogar grosse Weine, die meisten erreichen jetzt eine erste Trink reife. Ich staune selber über die Klasse dieser Weine, ich habe sie stark unterschätzt.

Zusammen mit 2010, 2016 und 2018 ist das für mich der grösste Bordeaux-Jahrgang überhaupt. Das Über­ragende ist vor allem die unglaub­liche Menge an grossen Weinen, die 2005 entstanden sind. Zum ersten Mal kamen dieses Jahr die zwei für die Weinqualität wich­tigsten Elemente zusam­men: Ideale Wetter­bedingungen und hervorragende Arbeit im Rebberg. Selbst die einfacheren Weine sind heute immer noch eher etwas zu jung und die ganz grossen sollte man noch mindestens 4–8 Jahre im Keller reifen lassen.

Nochmals ein sehr guter klassischer Jahrgang, die Qualität ist hier mehr der guten Arbeit im Rebberg zu verdanken, die Wetterbedingungen waren nicht so ideal.

Die Witterungsbedingungen waren extrem schwierig. Das ist ein Jahrgang, der eindrücklich zeigt, was der Winzer im Rebberg bewirken kann. Noch vor 10 Jahren (1997) gab es eher etwas bessere äussere Bedingungen als 2007. Aber 2007 gibt es ganz deutlich bessere Weine. Die Weine reifen relativ schnell, die meisten haben bereits eine erste Trinkreife erreicht.

Ein Merlot-Jahr, gleicht in jeder Beziehung dem 1998er.

Ein grosser Jahrgang, der von der Hitze geprägt ist, die aber deutlich moderater war als im Jahr 2003. Die Weine haben nicht ganz die Eleganz der 2005er und 2010er, aber sie sind nahe dran. Sie werden etwas schneller reifen als 2005 und 2010.

Hier gilt eigentlich alles, was ich schon zu 2005 geschrieben habe. Einige Weine haben einen etwas hohen Alkoholgehalt, aber ich sehe das nicht negativ. Die Weine sind so gewach­sen, haben ein natürliches Gleichgewicht, wer nicht auf das Etikett schaut, spürt den Alkohol gar nicht. Die grossen alten Weinlegenden von 1945, 1947 oder 1959 hatten sicherlich ähnliche Alkoholwerte, nur stand das damals noch nicht auf dem Etikett und es interessierte auch niemanden.

Ganz schwierige Wetterbedingungen wurden von sehr vielen Produzenten ausserordentlich gut gemeistert, es gibt jede Menge hervorragende Weine. Die einfacheren beginnen sich zu öffnen, auf die besten muss man noch etwas warten.

Sehr ähnlich wie 2011, die Wetterbedingungen waren unwe­sent­lich besser. Wenn man das alles nicht weiss und nur die Weine probiert, kommt man zum Schluss, 2012 sei ein grosser Bordeaux-Jahrgang – und als solchen kann man ihn letztlich auch bezeichnen.

Vom Wetterverlauf her war das vermutlich der aller­schwie­rigste der oben beschriebenen Jahrgänge, eher noch schwieriger als 1984 und 1992. Noch vor 20 Jahren hätte es unter diesen Umständen praktisch keine trinkbaren Weine gegeben. Aber 2013 haben einige wenige Produzenten der Natur trotz widrigsten Umständen einen richtig guten, spannenden Wein abgerungen.

Vom Wetterverlauf her ein ziemlich schwieriges Jahr, aber die Top- Weingüter haben trotzdem grosse klassische Weine erzeugt. Ein eher kühles Jahr mit gewissen Ähnlichkeiten zu 1988, dank hervorragender Rebbergsarbeit (insbesondere dank der akribischen Selektion bei der Ernte) wurde ein höherer Reifegrad erzielt als noch 1988. Die Weine werden deshalb nicht ganz so lange brauchen bis zur schönsten Trink­reife, dennoch selbst die kleineren Weine brauchen noch etwas Zeit und die grossen wohl noch mindestens wei­tere 5–8 Jahre. Sowohl in der Spitze als auch in der Breite ist es letztlich ein deutlich besseres Jahr als 1988.

Hier gibt es ziemlich viel Ähnlichkeiten mit 2009. 2015 war ein Hauch kühler, entsprechend klassischer, man kann es durchaus als grosses, klassisches Jahr bezeichnen.

Hier haben wir jetzt effektiv das ganz grosse, klassische Jahr, ich setze es auf die gleiche Stufe wie 2005 und 2010. Es war von den äusseren Bedingungen her leicht schwieriger, aber die Arbeit im Rebberg wurde seit 2005 respektive 2010 weiter perfektioniert. Jetzt haben wir total drei Jahrgänge, die für mich persönlich die besten aller Zeiten sind.

Das grosse Problem des Jahrgangs war der Frühjahrsfrost, dieser hat – vor allem in St. Emilion und Pomerol, aber teilweise auch in Pessac-Léognan – zu riesigen Ernte­ein­bussen bis hin zu einem totalen Ernteausfall geführt. Die Trauben der zweiten Generation wurden nicht mehr reif. Die Top-Weingüter haben diese auch nicht verwendet. Alles, was nicht vom Frost betroffen war, ergab hervorragende Weine, es gibt eine stattliche Anzahl davon, diese sind eher noch etwas besser als die 2014er, sprich richtig grosse, klassische Weine. Zwischen all den ganz grossen Jahr­gängen wird 2017 zu Unrecht etwas vergessen. Ich bin der Überzeugung, dass 2017 sowohl in der Spitze als auch in der Breite grösser ist als beispielsweise 1995 und 1996.

Das ist für mich über alles gesehen der bisher grösste Bordeaux-Jahrgang aller Zeiten, noch um Nuancen präziser als 2005, 2010 und 2016. Auch die Anzahl überragender Weine ist nochmals gestiegen. Es gibt ganz viele sogenannt namenlose Weingüter, die Weine erzeugt haben, die noch so manche Weinfreundinnen und -freunde zum Staunen bringen werden. Es gibt ein paar Weine wie beispielsweise Mouton 45, Cheval-Blanc 47, Lafite 59, Haut-Brion und Latour 61, die erwiesenermassen legendär sind. Nach meiner Überzeugung gibt es 2018 mindestens 30 oder mehr Weine, die diese Vollendung erreichen werden. Übrigens werden auch schon bei 2005, 2010 und 2016 einige solche Legenden dabei sein. Kurz, ich glaube wir sind uns gar nicht so richtig bewusst, was heutzutage für grandiose Weine erzeugt werden.

Vielleicht ist das der bisher grösste Jahrgang aller Zeiten, weil alle positiven Effekte zusammenspielten. Der Wetterverlauf in allen Regionen von Bordeaux war perfekt, die immer akribischere Arbeit der Weingüter erreichte einen Höhepunkt, der kaum noch zu übertreffen ist. Die Menge an grandiosen Weinen war noch nie so gross.

Das Besondere am dritten grossen und auch heissen Jahrgang in Folge ist sein klassischer Kern. Die meisten 2020er haben einen Hauch mehr Struktur als die 18er und 19er. Wenn man es mit Weinen aus den 1980er-Jahren vergleicht, sind 2018 und 2019 Jahrgänge, die stilistisch an 1982, 1985 oder 1989 erinnern. Der 2020er sicher auch, aber hier könnte man sagen, dass noch ein Hauch vom klassischen Jahrgang 1986 durchschimmert.