Weingut Eva Fricke: Riesling L'amour de la nature 2022

Weingut Eva Fricke: Riesling L'amour de la nature 2022

BIO

Zum Winzer

Riesling
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2035
unkonventionell
mineralisch
exotisch & aromatisch
Lobenberg: 94–95/100
Suckling: 94/100
Deutschland, Rheingau
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling L'amour de la nature 2022

94–95
/100

Lobenberg: Eva Fricke: »2022 war ein besonderer Jahrgang im Rheingau, sehr trocken mit kaum Niederschlag während der Saison. Daher waren die Pilz- und Krankheitsbelastung sehr gering. Dies ermöglichte es uns einen sehr natürlichen Pflanzenschutz zu verfolgen. Auf Kupfer wurde nahezu komplett verzichtet und es wurden stattdessen eigens produzierte Tees und Präparate im Pflanzenschutz verwendet. Um die Philosophie der natürlichen und interventionsarmen Weinherstellung weiter zu verfolgen, wurden zum ersten Mal neue Wege der Low-Intervention-Weinbereitung auch im Keller mit einer sehr natürlichen Herangehensweise gewählt: Einige Teile wurden direkt gepresst, andere erhielten eine 18-stündige Maischestandzeit oder wurden entrappt. Für diesen Wein wurden ausschließlich Edelstahltanks verwendet, um ihn so rein wie möglich zu halten – ohne jeglichen Einfluss von Holzfässern oder Mikrooxidation. Während der Weinbereitung hat der Wein fast zwei Jahre lang keinen Schwefel gesehen. Es ist der erste Wein, den Eva Fricke so lange auf der Feinhefe gelagert hat. So wurden die Weine im Rheingau während des 18. und 19. Jahrhundert hergestellt. Einen Monat vor der Abfüllung wurde dem Wein eine einzige Dosis Schwefel hinzugefügt.« Das ist also Eva Frickes back-to-the-future-Wein, eine Renaissance zum Weinbau bevor chemische Hilfsmittel verfügbar waren. Der Wein ist natürlich ein kleiner Ausreißer aus Frickes Range, aber ihr straffer, zitrischer und trockener Stil zieht sich auch hier durch. Eine sehr aromatische Nase mit Kamille, Zitronenschale, Brioche. Der Mund ist tannic und kraftvoll, zeigt die herbe Kraft des Jahrgangs, Grapefruitbitter mit feinen, erdigen Untertönen und getrockneten Wildblumen. Sehr lang. Ein genialer Speisenbegleiter!

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

94
/100

Suckling über: Riesling L'amour de la nature

-- Suckling: Complex nose of flint, dried flowers and freshly baked bread. For a properly dry riesling this is remarkably succulent and creamy, the acidity already beautifully integrated. A unique expression of natural wine that really expands as it aerates in the glass. Lovely Amalfi lemon freshness and delicate tannins support the long finish. From organically grown grapes. Drink or hold.

Mein Winzer

Weingut Eva Fricke

Eva Fricke ist keine Newcomerin mehr im Rheingau – und doch ist sie gerade in den letzten Jahren (wieder) der Shootingstar der Region. Nie hat die talentierte Winzerin bessere Weine gekeltert als heute!

Riesling L'amour de la nature 2022